Blick hinter die Kulissen: „Bares für Rares“-Experte Detlev Kümmel lässt 2024 Revue passieren

Seit 2015 ist die Expertise von Detlev Kümmel bei der ZDF-Show „Bares für Rares“ gefragt. Auch 2024 gab es wieder einige Schätze und Momente , die ihm besonders im Gedächntis geblieben sind.
Lüdenscheid/Köln – „Ich weiß nicht, was da im Händlerraum passiert. Das ist sowas wie ein ,heiliges Gesetz‘, die Händler sehen nicht, was da kommt.“ Der Galerist Detlev Kümmel sitzt an diesem verregneten Vormittag in seiner Dependance, einer kleinen Galerie, die er in der benachbarten Waldstadt Iserlohn angemietet hat. Für den ZDF-Dauerbrenner „Bares für Rares“ sind die Expertisen des Experten aus Lüdenscheid-Brügge seit 2015 gefragt. Dass er grad mal „vor Ort“ ist – ein Glücksfall. Galerist, Antiquitätenhändler, TV-Experte – Detlev Kümmel ist ein viel beschäftigter Mann.
Gedreht wird in Köln-Pulheim. Und manchmal in alten Gemäuern wie der Burg Drachenfels wie im vergangenen Oktober, als sich das historische Gemäuer in Königswinter für die Aufzeichnung der Weihnachtsshow in ein winterliches Idyll verwandelte. In einer (Jahres-)Zeit, in der an Eis und Schnee, Spekulatius und Dominosteine noch nicht zu denken war.
Hier und da wird auch im Kloster Eberbach gedreht. Mehr als 200 Folgen waren’s in diesem Jahr. 200 Mal trugen Menschen aus allen Teilen der Republik ihre – mitunter auch nur vermeintlichen – Schätze zwischen Omas Nachttopf und dem Dachboden-„Chagall“ auf den Tisch der „Bares für Rares“-Sendung – immer in der Hoffnung, mit vielen großen Geldscheinen den Heimweg anzutreten.
Blick hinter die Kulissen: „Bares für Rares“-Experte Detlef Kümmel lässt 2024 Revue passieren
Während die Kaffeemaschine im Hintergrund vor sich hin gluckert, plaudert der TV-Experte aus dem Nähkästchen der „Bares“-Sendung: „Das wirkt immer alles so zufällig. Stimmt aber nicht. Da steckt die volle Planung hinter.“ Die Abteilung der Planer nennt sich Sendungsbau. Über ein Online-Formular können sich Menschen mit ihren „Schätzen“ bewerben. Woche für Woche gehen hunderte dieser Bewerbungen ein.
Der „Sendungsbau“ stellt die Folgen, die gedreht und später gesendet werden, zusammen, „ja, natürlich auch ein bisschen publikumswirksam. Das ist immer eine bunte Mischung, aber wir haben kein festes Skript. Vielleicht ist das ja das Geheimnis des Erfolgs.“
„Bares für Rares“ – 200 Folgen in einem Jahr
200 Sendungen sind eine ganze Menge – „manchmal schaffen wir am Tag auch zwei.“ Das schreit ja förmlich nach einem „Kümmel-Best-of 2024“. Detlev Kümmel muss nicht lange nachdenken: „Die 2000. ausgestrahlte Sendung seit 2013“, sagt der Experte, der längst schon Freundschaften geschlossen hat im Team – mit Waldi Lehnertz, der oft schon zu Schätztagen oder auch einfach nur so zu Gast in Lüdenscheid war. Aber auch mit Horst Lichter, der „Bares für Rares“ moderiert. „Tja, und dann kam die 2000. Sendung. Horst hatte gerade mit der Moderation angefangen, als ich plötzlich hereingeplatzt kam. Horst hat immer gesagt: Einmal im Leben möchte ich auch so eine Händlerkarte bekommen. Und zur 2000. Sendung durfte ich ihm eine solche Karte überreichen.“

Das war im Oktober und Horst Lichter, der Moderator mit dem Zwirbelbart, zutiefst gerührt. Der Haken: Er durfte nur einmal seine Händlerkarte zücken. Und hatte die Qual der Wahl, die schließlich auf ein Schuco-Modellauto aus dem Jahr 1954 fiel. Bei der Vorführung flüsterte Kümmel „Nimm mich“. Und Horst Lichter nahm den Lockruf ernst. Er hörte sich geduldig die Kümmelsche Expertise zu dem von Bernd Klissing aus Husum mitgebrachten Objekt an. Dieses spezielle Auto wurde nur im Jahr 1954 gebaut, erläuterte Kümmel. 300 bis 400 Euro wollte der 60 Jahre alte Pädagoge für sein Auto haben. Für den Lüdenscheider TV-Experten ein realistischer Preis. Hinblättern musste Horst Lichter am Ende 440 Euro, erhielt nicht nur das Auto, sondern auch eine unschätzbare Erinnerung.
Im Kloster Eberbach gab’s in diesem Jahr beim Dreh einer Abendshow eine Begegnung mit Guido Maria Kretschmer, die dem Galeristen als eine ganz besondere in Erinnerung geblieben ist: „Der hatte eine Urkunde dabei, die ausgestellt und unterschrieben war von Napoleon.“ Nicht das „Schätzchen“ allerdings blieb im Kümmelschen Gedächtnis haften, sondern mehr das Naturell des Modedesigners, der die beliebte TV-Show „Shopping Queen“ moderiert – „der ist super sympathisch, das war eine tolle Begegnung“. Selbst die Prominenz, die ab und wann in den Shows auftaucht, sei oft aufgeregt, ob ihr „Mitbringsel“ wertvoll ist: „Manchmal kommen die Promis auch gar nicht wirklich wegen des Verkaufs, sondern, um dabei zu sein.“
Horst hat immer gesagt: Einmal im Leben möchte ich auch so eine Händlerkarte bekommen. Und zur 2000. Sendung durfte ich ihm eine solche Karte überreichen.
Ganz oben auf der Liste der Höhepunkte 2024 steht auch ein eher unscheinbarer Automat, den Petra und Johannes im August mit in die Sendung brachten: ein Strumpfautomat aus den 60er-Jahren, voll funktionstüchtig, versteht sich, wenn man denn dann noch ein paar deutsche Markstücke zur Hand hat. Für die Damenwelt war der Strumpfautomat so etwas wie ein „Lebensretter“, wenn Frau sich auf dem Weg zum Tanzvergnügen eine Laufmasche in die Nylons riss. Geld rein, einmal kurz gekurbelt und zack – neue Nylons in der Hand. Das Geschwisterpaar – man besaß in dritter Generation ein Textilgeschäft – erbte den Automaten. Sein Name: Favorit, gebraucht wurde er allerdings nie.
Wie liefert man eine Expertise für einen Strumpfautomaten aus den 60er-Jahren? „Ach naja, da muss man dann schon schnell sein. Aber ich nehme mir durchaus die Zeit, die ich brauche.“ Niemand hat Interesse daran, sich minutenlang den Experten bei seiner Arbeit anzusehen. Also wird das gedrehte Material „zurechtgeschnitten“. Aber übers Knie gebrochene oder fernsehwirksame Expertisen gehören nicht in Detlev Kümmels Welt. Auch nicht bei Strumpfautomaten.

Im Mai kam Verkäuferin Ellen mit ihrem Porzellanteller: „Das war auf der Drachenburg. Sie hat gedacht, so 50 oder 80 Euro. Das war ein Motivteller. Und ohne den umzudrehen oder nachzudenken, wurde mir schwindelig. Das war die Oberliga des Porzellans, ein Teller, der für das preußische Königshaus hergestellt worden war und den der Preußenkönig dann doch nicht haben wollte.“ Für satte 36 000 Euro ging der royale Teller des Preußenkönigs am Ende über den Händlertisch.
Ein Louis-Vuitton-Koffer – „da kann man zum Beispiel an der Verarbeitung schnell sehen, ob der echt ist oder nachgemacht“ – und ein Barwagen, an den sowohl Detlev Kümmel, als auch Horst Lichter ihr Herz verloren haben, gehören unbedingt mit auf die persönliche Hitliste des Brügger Galeristen: „Dieser Barwagen, so richtig was für die kleine Herrenrunde. Wir waren traurig, dass wir damals nicht einfach damit wegrennen konnten.“
Einen noch zum Abschluss des Kümmel-Rankings? Die Power Rangers sind eine (erfundene) Gruppe von Menschen (meistens Teenager), die die Welt vor dem Bösen beschützen, beschreibt Wikipedia die farbenfrohen Figuren. Eine davon ging um die „Bares für Rares“-Welt. Den Roten brachten David Lehmann und Jacky Bloem aus Wachtberg bei Bonn mit in die Sendung. Eine gewaltige Figur aus Kunststoff, ein Merchandise-Artikel. 700 Euro wollte das Paar für die Figur sehen, die nicht unbedingt in die Lebenswelt eines Horst Lichters zu passen schien. Experte Kümmel stimmte der Wunschvorstellung zu. Am Ende kaufte David Suppes die lebensgroße Figur für 500 Euro.